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Interview: Eine neue Dimension bewegter Reinigung



Innerhalb der Fertigung reagieren empfindliche Produktionsverfahren immer stärker auf kleinste Verunreinigungen komplexer Bauteile. Betriebe stehen vor der Herausforderung, nicht nur ein effektives und prozesssicheres, sondern auch ein wirtschaftliches und vor allem flexibles Reinigungsverfahren für ihre Anwendungen zu finden. Einen Schritt in Richtung mehr Effektivität ist MAFAC mit der neuen „Vektorkinematik“ gelungen. Stefan Schaal, Geschäftsführer von MAFAC, erklärt, warum sie eine neue Dimension bewegter Reinigung und Effizienz darstellt.

Herr Schaal, was steckt hinter der MAFAC Vektorkinematik?
Es handelt sich dabei um ein neues Reinigungs- und Trocknungssystem, das für noch mehr Bewegung während der Reinigung sorgt. Es setzt auf der patentierten MAFAC Verfahrenstechnologie mit gegen- oder gleichläufiger Rotation von Korbaufnahme- und Spritzsystem auf und führt das zugrundeliegende, kinematische Prinzip der bewegten Reinigung um ein Vielfaches weiter. Das heißt, die Vorteile bewegten Reinigens wurden mithilfe gezielter Strömungsturbulenzen weiterentwickelt und gesteigert. Als Folge davon werden Werkstücke gleichmäßiger beaufschlagt und schwer erreichbare Bauteilzonen wie Sacklochbohrungen oder Hinterschneidungen noch besser erreicht.

Warum der Begriff der „Vektorkinematik“?
Der Begriff „Vektorkinematik“ bezieht sich auf die zielgerichteten Bewegungen, die mit der neuen Technologie ausgeführt werden. Er leitet sich von „Vektor“, der Beschreibung einer richtungsgebundenen Verschiebung in einem Raum und von „Kinematik“, dem Begriff für Bewegung in der Mechanik, ab. Bei der MAFAC Vektorkinematik hängen die Bewegungsabläufe voneinander ab und folgen innerhalb von Vektorfeldern einem bestimmten Muster. Dadurch halten auch die verursachten Strömungen beziehungsweise Turbulenzen ein Bewegungsmuster ein.

Wie genau funktioniert die Vektorkinematik?
Die neue Verfahrenstechnologie führt wie das bewährte MAFAC Prinzip eine gleich- beziehungsweise gegenläufige Rotationsbewegung von Düsenträger und Korbaufnahmesystem aus. Die entscheidende Neuerung ist die zusätzliche Wippbewegung des Düsenrohrs um die eigene Achse. Dies erfolgt nach beiden Seiten um jeweils 35 °. Die Drehbewegung des Düsenarms ist über eine Kurvenscheibe daran gekoppelt, wodurch eine Schwenkbewegung der Düsen erzeugt wird. Synchron dazu rotiert das Korbaufnahmesystem. Die Rotation erfolgt unabhängig gegeneinander, so dass interessante Bewegungsabläufe entstehen. Neu ist, dass sowohl die Korb- als auch die Düsenträgerrotation unter angepasster Geschwindigkeit erfolgt. Das heißt, die Geschwindigkeit beider Rotationsbewegungen wird zuvor von der MAVIATIC-Steuerung über Vektorfelder berechnet. Dabei simuliert sie ein Bewegungsmuster und leitet davon Bewegungsabläufe ab. Es ergibt sich ein optimal aufeinander abgestimmtes Zusammenspiel von Düsenrohr- und Korbbewegung, wobei sowohl Gleich- als auch Gegenlauf möglich sind.

Wie ist die Vektorkinematik gegenüber anderen wässrigen Verfahren einzuordnen?
Die Vektorkinematik erreicht gegenüber anderen Verfahren eine viel höhere Beaufschlagung. Bislang arbeiten die meisten wässrigen Reinigungsverfahren mit starren Düsensystemen. Das heißt, der Düsenarm ist starr in die Behandlungskammer eingeschweißt und spritzt dabei unter nur einem bestimmten Winkel ins Zentrum des Werkstückträgers. Bei diesem Bewegungsablauf lassen sich Schattenzonen nicht vermeiden, manche Regionen werden vom Spritzstrahl unzureichend getroffen und je nach Geometrie kann die Beaufschlagung der Bauteiloberfläche zwischen Primär- und Sekundärflächen sehr unterschiedlich ausfallen. Mit der neuen Vektorkinematik kann diese Diskrepanz verringert werden. Die Düsen schwenken zusätzlich aus und erreichen über verschiedene Winkel verteilt, also unter Einhaltung einer vorab berechneten, optimalen Winkelvarianz, andere Bereiche der Bauteiloberfläche.

Welche Wirkung, Vorteile und Nutzen bietet das Verfahren den Betreibern?
Durch die verbesserte Mechanik und das auf die Bauteile individuell und optimal angepasste Zusammenspiel von Korb- und Düsenbewegung erreichen wir eine zielgerichtetere und vor allem gleichmäßigere Beaufschlagung der Bauteiloberflächen. Die Drehzahl wird dabei von der Software automatisch errechnet und muss nicht manuell eingestellt werden. Dies erfolgt in Abhängigkeit von der Zeit, die dem Prozess zur Verfügung gestellt wird. Der gesamte Vorgang erfolgt zeit- und ressourcenoptimiert, da schon während des Spritzreinigens Hinterschneidungen und Sacklochbohrungen erreicht werden können, was bislang erst im Flutvorgang möglich war. Bei Setzware ergibt sich eine bis zu 60 % größere Beaufschlagung, bei Schüttgut fällt sie ebenfalls deutlich besser und effizienter aus. Auch die Flutreinigung wirkt intensiver, da sie über eine höhere Strömungsturbulenz verfügt und bei der Trocknung erwarten wir durch die bewegten Düsen ebenfalls eine bessere Strömungswirkung. Es erfolgt also ein höherer Wärme- und Stoffaustausch und der Betreiber gewinnt mehr Effektivität in weniger Zeit. Bei den stetig steigenden Sauberkeitsanforderungen und knapper werdenden Budgets ist das von Vorteil. Darüber hinaus können Anwender künftig deutlich flexibler auf ein breites Teilespektrum oder auf Änderungen im Teileprogramm reagieren: Dank der hohen Winkelvarianz lassen sich sehr unterschiedliche Werkstückchargen bearbeiten.

Wo sehen sie die Haupteinsatzgebiete des Verfahrens?
Überall dort, wo sehr unterschiedliche Werkstückchargen zu bearbeiten sind, komplex aufgebaute Werkstücke mit unterschiedlich erreichbaren Geometrien vorliegen oder sich im Teilespektrum häufig Änderungen ergeben. Ebenso bei Gussbauteilen mit sehr tiefen Bohrungen und Hinterschneidungen, sei es als Setzware oder Schüttgut.

Welche Bedeutung hat die Vektorkinematik für die wässrige Teilereinigung?
Die MAFAC Vektorkinematik eröffnet eine neue Dimension bewegten Reinigens. Mit einer größeren Beaufschlagung von bis zu 60 % haben wir einen sehr hohen Optimierungswert erzielt. Bisher lagen die Verbesserungswerte in unserer Branche bei rund 10 bis 15 %. Die neue Vektorkinematik setzt demnach in Bezug auf Effektivität völlig neue Maßstäbe. Durch die individuellen, softwaregesteuerten Anpassungsmöglichkeiten an die Bauteilgeometrie können neue Lösungen für bislang unbearbeitete Themen gefunden werden. Das bringt die gesamte Bauteilreinigung einen großen Schritt weiter und eröffnet viele neue Anwendungen.

Stand: 01/2019




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