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Die reinigungsgerechte Konstruktion von Bauteilen hilft Kosten sparen



Die Bauteilreinigung ist ein qualitätssichernder und sogleich wertschöpfender Schritt in der Fertigung. Damit die hohen Reinigungsanforderungen angesichts des zunehmenden Zeit- und Kostendrucks sicher und effizient erfüllt werden können, sollte die Reinigbarkeit von Bauteilen möglichst früh in der Konstruktionsphase berücksichtigt werden. Dadurch lassen sich Folgekosten oder gar Reklamationen vermeiden.

Die industrielle Reinigungstechnik befindet sich in einem Spannungsfeld zwischen zunehmend kleiner und komplexer werdenden Bauteilen, steigender Empfindlichkeit von Material und Produktionsverfahren sowie knapper Zeit- und Kostenvorgaben. Die Rahmenbedingungen, in denen Bauteile innerhalb kurzer Zeit einwandfrei sauber und trocken sein müssen, werden immer anspruchsvoller. Nur wenn diese vollständig erfüllt sind, können Bauteile reibungslos in die nachfolgenden Fertigungsschritte eingebunden werden oder im Gesamtgefüge ihre vorgesehene Funktion erfüllen. Die Reinigungstechnik steht vor der Herausforderung, für ein breites Spektrum an Bauteilbeschaffenheit, Art und Ausprägung der Verschmutzung, produktionstechnischen und wirtschaftlichen Vorgaben sowie diffizilen Sauberkeitsansprüchen die richtige Lösung bereit zu halten. Technologien wie das 3D-Druckverfahren tragen zur Ausdifferenzierung dieser Anforderungen bei und benötigen mit ihren filigranen, feinporigen Strukturen oder poröseren, druckempfindlicheren Oberflächen neue Herangehensweisen.

Dank fortlaufender Forschungs- und Entwicklungsarbeit bieten Hersteller von Reinigungsanlagen innovative Lösungen, mit denen Anwender auf diese wachsenden Ansprüche wirtschaftlich reagieren können. Dennoch würde eine frühzeitige Berücksichtigung der Reinigbarkeit von Bauteilen weitere Potenziale schöpfen, um Folgekosten, die sich beispielsweise aus zusätzlichem Reinigungsaufwand oder gar Bauteil- oder Produktreklama-tionen ergeben können, zu vermeiden. Noch während der Konstruktions-phase, also zu Beginn des Produktentstehungsprozesses, ist die Möglichkeit der Kostenbeeinflussung besonders hoch. Zudem verursachen in dieser Phase Modifikationen an der Konstruktion verhältnismäßig geringe Kosten. Demnach wäre es ein Gedanke wert, die wirtschaftliche Reinigbarkeit von Bauteilen als feste Bedingung in die Produktionsplanung mit einzubeziehen. Indem der Konstrukteur die Anordnung und Größe von Kanälen, Düsen, Montage- und Funktionsflächen bestimmt, beeinflusst er maßgeblich den Reinigungsaufwand, der während der Herstellung und Nutzung von Bauteilen notwendig ist. Er definiert auch die tolerierbaren Restverschmutzungen und damit die Anforderungen an das Reinigungs-verfahren. Darüber hinaus kann er mittels reinigungsgerechter Konstruktion zur Reinigungsvermeidung oder -reduzierung beitragen.

Konstruktionsrelevante Informationen für Konstrukteure
Damit Konstrukteure während der Planungsphase neben der Vielzahl anderer Kriterien auch reinigungsrelevante Aspekte berücksichtigen können, sollten sie mit notwendigen Gestaltungs- und Kosteninformationen versorgt werden. Denkbar wäre ein Katalog, ähnlich den Richtlinien, die es bereits zur gussgerechten, demontagefreundlichen Konstruktion oder zur Vermeidung von Graten gibt. Dort werden beispielsweise Empfehlungen zur Materialwahl, zur Zugänglichkeit von Verbindungen oder Funktions¬flächen sowie zur Gestaltung von Bohrungen und Winkelstellungen gegeben. Simulationen von der Nassphase des Reinigungspro¬zesses oder von der Trocknungsphase können helfen, die Reinigbarkeit des geplanten Teils vorab zu analysieren. Mithilfe der Simulation lassen sich Bereiche mit reinigungskritischer Geometrie erkennen und optimieren. Darüber hinaus ermöglicht die Simulation auch Überlegungen zur optimalen Werkstückpo-sitionierung. Optimal wäre, neben strömungs¬mechanischen auch die chemischen oder thermischen Einflüsse des Reinigungsvorgangs auf das Bauteil zu beachten.

Anforderungen der Reinigungstechnik an die Konstruktion – Mögliche Stellgrößen
Bei der Bauteilplanung sollten zunächst die vorhergehenden und nachfolgenden Fertigungsschritte betrachtet werden. Fragen nach Art der Verschmutzung, dem geeigneten Reinigungsverfahren und dem erforder-lichen Sauberkeitsgrad liefern die Grundlage für erste Überlegungen. Dabei werden die Sauberkeitsansprüche vom darauffolgenden Prozessschritt oder der anschließenden Bauteilnutzung bestimmt. Liegen die Rest-schmutzanforderungen im µ-Bereich, steigt der erforderliche Reinigungs-aufwand. In diesem Fall sollte die Bauteilgeometrie so einfach wie möglich gestaltet werden. Von Vorteil ist auch bereits während der Konstruktions-phase die verfahrenstypischen Rahmenbedingungen der jeweils eingesetzten Reinigungstechnologie zu berücksichtigen. Sind die Bauteile darauf abgestimmt, kann die Reinigungswirkung bestmöglich ausgeschöpft werden. So benötigen wässrige Reinigungsverfahren beispielsweise strömungsmechanischen Spielraum, um zusammen mit der Reinigungs-chemie, der Temperatur und Zeit ihre höchste Wirkung zu erzielen. Das Bauteil sollte daher auch hinsichtlich mechanischen oder chemischen Einflüssen, gegenüber Feuchtigkeit, Temperatur sowie mit Blick auf Korrosion geplant werden. Auch bei der Wahl der Oberfläche sollten Konstrukteure auf Reinigbarkeit achten. Raue Oberflächen benötigen mehr Einsatz als glatte Strukturen, beschichtete Oberflächen können gegenüber mechanischen Einflüssen empfindlicher reagieren. In diesem Fall ist je nach Verschmutzung eine schonendere aber zugleich zeitintensivere Reinigung notwendig. Das Material und die Oberfläche spielen auch in der Trocknung eine Rolle. Je temperatur- und druckbeständiger sie ausfallen, desto einfacher lassen sie sich trocknen. Filigrane, dünnwandige Werkstücke hingegen bringen in der Regel weniger Eigenwärme aus dem Reinigungsprozess mit, so dass die Trocknung unter Einsatz von mehr Wärme oder Zeit erfolgen muss.

Hauptfaktor für die reinigungsgerechte Bauteilkonstruktion ist die Bauteilgeometrie. Grundsätzlich gilt, je komplexer und filigraner die Werkstücke ausfallen, desto schwieriger sind sie reproduzierbar und prozesssicher zu reinigen. So können spitze Winkel, Bohrungen, Hinterschneidungen und Hohlräume Lufteinschlüsse bilden, die sich nachteilig auf das Reinigungsergebnis auswirken und einen erhöhten Einsatz von Badmechanik und Reinigungsmittel benötigen. Mithilfe möglichst einfach geplanter Bauteilgeometrien lassen sich Reinigungs-aufwand und -erfolg optimieren. Das heißt, um erfolgreich entfernt werden zu können, müssen Verunreinigungen erreichbar sein. Dafür sollten Oberflächen, Kanäle und Bohrungen zugänglich gestaltet und unnötige Winkel, Flächenunter¬brechungen wie Nute, Stege oder Rippen vermieden werden. Bohrungen benötigen eine gute Durch- und Umströmung. Wichtig sind auch gute Abflussmöglichkeiten des Reinigungsmediums, weshalb Übergangsstellen möglichst abgerundet sein sollten. Dies erleichtert auch die Trocknung, da schöpfende Geometrien wegen den erhöhten Wasser-rückständen aufwändiger zu trocknen sind.

Reinigungsgerechte Konstruktion bestimmt die technische Sauberkeit
Die Berücksichtigung der Reinigung während der Planungsphase nimmt starken Einfluss auf das Reinigungsergebnis und damit auch auf den notwendigen Aufwand. Werden die unmittelbar vorausgehenden und nachfolgenden Prozessschritte und deren reinigungsrelevanten Einflüsse analysiert, lassen sich die Sauberkeitsanforderungen davon ableiten und definieren. Dies erhöht die Chance, das passende Reinigungsverfahren zu wählen und das Bauteil optimal darauf zuzuschneiden. Mit der Planungskenngröße „notwendige technische Sauberkeit“ lassen sich unrealistische Erwartungen an das Reinigungsverfahren vermeiden und eine wirtschaftliche, energieoptimierte sowie sichere Reinigung funktionskritischer Bauteilbereiche erzielen. Die Kosteneinsparung dank optimaler, reinigungsgerechter Bauteilauslegung kann bei konsequenter Durchführung beachtlich sein.

Bild 1: Schwer zugängliche Geometrien erschweren den Reinigungsprozess. Noch während der Konstruktionsphase lassen sich reinigungsgerechte Alternativen finden, die eine sichere und wirtschaftliche Reinigung ermöglichen.

Bild 2: Die Möglichkeit zur Beeinflussung der Kosten ist während der Konstruktionsphase am Höchsten.

Skizze 3 und 4: Je nach Funktion eines Werkstücks können Kanten, Vertiefungen und Sacklochbohrungen notwendig sein. Diese lassen sich strömungs- und weniger strömungsgerecht gestalten. Im linken Beispiel sind die Bohrungen (Dreierreihe) weniger reinigungsgerecht gestaltet. Rechts hingegen wurde darauf geachtet, Bohrungen auf ein mögliches Mindestmaß zu reduzieren.

Skizze 5 und 6: Verunreinigungen müssen erreichbar sein. Dies ermöglichen strömungsgerecht gestaltete Bauteilgeometrien. Im linken Planungsbeispiel sind, Bohrungen teilweise durchgängig gestaltet und gewährleisten eine Durchströmung der Kanäle und Erreichbarkeit der Verunreinigungen. Im rechten Beispiel hingegen sind die Bohrungen größtenteils sacklochartig gestaltet – für die Strömungsmechanik ist dies weniger von Vorteil.

Angaben zu den Autoren:
Thomas Gutmann ist Leiter Customer Support, Stefan Schaal ist Leiter Produktentwicklung bei MAFAC.




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