12. September 2024
Lesezeit 6 Min.
TEM-Entgraten
Oxide entfernen ist keine Gratwanderung!
Know How
12. September 2024
Lesezeit 6 Min.
Know How
TEM-Entgraten
Oxide entfernen ist keine Gratwanderung!
Gratfreiheit ist in vielen Industriebereichen zentraler Faktor für die Funktionalität der Endprodukte. Ebenso wie Sauberkeit. Wasserbasierte Reinigungssysteme gewährleisten ein sicheres, wirtschaftliches Entfernen der prozessbedingten Oxidschicht und bereiten die Teile optimal auf nachfolgende Bearbeitungsprozesse vor.

Oxide entfernen, Bauteile vor Korrosion schützen – im Reinigungsprozess

Reinigen – Prozess mit Schlüsselfunktion

Ob fluidische Komponenten für die Automobilindustrie, Fräs- oder Drehteile, Ventile, Steuerblöcke, Naben, Zahnräder oder Produkte für die Einspritztechnik: Reinigen spielt beim TEM-Entgraten eine wichtige Rolle. Im Vorfeld sollten Öl-, Fett- und Kühlmittelrückstände entfernt werden, nach dem Entgraten die dabei entstehende Oxidschicht. 

Sie kann nachfolgende Fertigungsschritte wie Beschichten, Lackieren, Schweißen oder Löten beeinträchtigen und in der Folge die Funktionalität der Produkte.
Insbesondere bei Anwendungen unter hydraulisch-pneumatischen Bedingungen ist absolute Gratfreiheit ein Muss.

Drei Metallblöcke mit unterschiedlichen Oberflächenzuständen liegen nebeneinander auf einem Gitter. Der vordere Block ist glänzend und poliert, der mittlere ist rostig, und der hintere hat eine matte, unbehandelte Oberfläche. Die Blöcke haben mehrere Bohrungen und Gewinde.
Drei Metallblöcke mit unterschiedlichen Oberflächenzuständen sind nebeneinander auf einem Gitter angeordnet. Der linke Block ist glänzend und poliert, der mittlere ist rostig, und der rechte hat eine matte, unbehandelte Oberfläche. Die Blöcke weisen mehrere Bohrungen und Gewinde auf.

Die Oxidschicht ist je nach Werkstoff unterschiedlich: Bei Werkstücken aus Stahl und Grauguss entsteht rotbrauner bis schwarz-brauner Rost, der teils fest anhaftet und teils lose als rußartiger Staub aufliegt. An den rauen Oberflächen von Gussteilen setzen sich Oxid und Graphit tief in die Poren ab. An Aluminiumbauteilen entsteht Oxid in Form hartnäckiger Flecken und Schlieren. 

Die Anforderungen an die Teileinigung sind bei allen Unterschieden im Materialverhalten gleichermaßen herausfordernd: 
Das Reinigen muss schonend und effektiv erfolgen, die Oberflächen müssen wirksam vor Korrosion geschützt werden.

Rückstandsfrei sauber – auf Wasserbasis

Systeme von MAFAC verstärken die Wirkung des Reinigungsmediums – Wasser plus Reiniger – durch ein patentiertes kinematisches Verfahrensprinzip. Diese Kombination führt bei der Abreinigung der stark anhaftenden Oxidschichten zu sehr guten Ergebnissen. Während der Nassphase werden durch gleich- oder gegenläufige Rotation von Korbaufnahme- und Spritzsystem gezielt Turbulenzen aufgebaut, die in Kombination mit Temperatur, Reiniger und Zeit eine sichere und effektive Wirkung erzielen. 

Für die anspruchsvolle Reinigung nach dem TEM-Entgraten empfiehlt sich ein dreistufiger Prozess, bei dem sich Spritz- und Flutvorgänge abwechseln. In Tank eins wird ein Neutralentroster zugesetzt, im Tank zwei ein Reinigungszusatz zur Nachreinigung, in Tank drei findet der abschließende Spülvorgang mit Korrosionsschutz statt. Die Wahl des Neutralentrosters ist materialabhängig, der pH-Wert lässt sich durch Zugabe von Additiven exakt einstellen: Bei Stahl kommt ein Produkt mit schwach saurem pH-Wert zum Einsatz, bei Aluminium ein Mittel mit stärker saurem Wert (pH 2-4, organische Säure). 

Ein schematisches Diagramm eines Reinigungssystems. Rechts oben ist eine Frischwasserquelle, die durch eine VE-Patrone in den dritten Spültank fließt. Ein Ölabscheider ist mit einem Reinigungstank (Tank 1) verbunden, der in zwei Spültanks (Tank 2 und Tank 3) übergeht. Eine Reinigungskammer ist zentral platziert, mit Pfeilen, die den Fluss der Flüssigkeit anzeigen. Links sind drei Pumpen- und Filtersysteme dargestellt, die die Flüssigkeit durch das System bewegen.

Alle Neutralentroster sind materialschonend, anwenderfreundlich und mit geeigneten Tensiden für eine bessere Benetzung der Bauteiloberfläche kombinierbar. Zudem erfolgt keine Wasserstoffversprödung, die in der Folge zu Bauteilmängeln führen könnte. 

Bei Grauguss kommen die Vorteile des dreistufigen Reinigungsprozesses besonders zur Geltung. In Phase eins werden die Oxide mit der Kombination von Spritz- und Flutreinigen entfernt, vielfach kombiniert mit Ultraschall. In Phase zwei wird die hochaktive Bauteiloberfläche durch Zusatz eines alkalischen Reinigers sofort neutralisiert. Ultraschall sorgt hier für einen Nachreinigungseffekt.
In Phase drei wird der temporäre Korrosionsschutz aufgetragen.

Vier rostige Metallblöcke mit mehreren Bohrungen stehen in einem Gitterkorb. Die Blöcke sind gleichmäßig verteilt und zeigen verschiedene Muster von Rost und Verfärbungen auf ihren Oberflächen.
Komponenten vor der Reinigung.
Vier glänzende Metallblöcke mit mehreren Bohrungen stehen in einem Gitterkorb. Die Blöcke sind gleichmäßig verteilt und haben eine saubere, polierte Oberfläche ohne Rost oder Verfärbungen.
Dieselben Bauteile nach der Reinigung.
Ein glänzender Metallblock mit mehreren Bohrungen und Gewinden liegt auf einem Gitter. Die Oberfläche des Blocks ist poliert und reflektiert das Licht.
Komponente aus Aluminium nach der Reinigung, Zusatz ist hier ein Neutralentroster mit stärker saurem pH-Wert.

Wirtschaftlich – und ressourcenschonend

Die Kombination aus kinematischer Verfahrenstechnik und einem Drei-Bad-System macht nicht nur in Richtung der präzise steuerbaren Sauberkeit Sinn: Im Vergleich zu anderen Verfahren sinkt der Bedarf an Reinigungszusätzen um bis zu 15 Prozent. 
Was nicht nur den Badwechsel vereinfacht, sondern auch Kosten für diese Zusätze und Energie spart. Zudem erhöht sich die Badstandszeit, da zwischen den Tanks zwei und drei eine deutlich geringere Verschleppung stattfindet.

Ideal für eine hochwertige Endreinigung empfindlicher Werkstücke mit hartnäckigen Verschmutzungen wie Oxid und Graphit:
Die Spritz-Flut-Anlage MAFAC PALMA in individueller Auslegung mit Drei-Bad-System.

Mittlerweile steht eine Vielzahl an biologisch leicht abbaubaren Reinigern zur Verfügung, mit denen wasserbasierte Systeme sehr flexibel eingesetzt werden können – immer ausgerichtet auf die hohen Anforderungen im Umfeld des TEM-Entgratens. Das Reinigen erfolgt gründlich und schonend, der Einsatz von Zusätzen lässt sich dank der patentierten MAFAC Technologien auf ein anwenderfreundliches Maß reduzieren. 

Werden die Teile danach – zum Beispiel mit Vakuumtrocknung oder rotierendem Heißblasen – gezielt getrocknet, sind sie bestmöglich für die nächsten Fertigungsschritte vorbereitet. Und das Entfernen der hartnäckigen Rückstände aus dem thermischen Entgraten wird von einer „Gratwanderung“ zu einem sicheren, wirtschaftlichen Prozess mit reproduzierbaren Ergebnissen. 

 

 

Autor: Dipl.-Ing. Tobias Lutz, Anwendungstechniker bei MAFAC

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